Die Augen der Esel, so tiefschwarz wie die Moorseen, Connemara!
Dort haben ihre Blicke sich gefunden. Die der Deutschen in ihren ersten Schulferien als Lehrerin und die des jungen Mannes, bei ihm nicht zu übersehen: die schwarze Binde, schräg über dem linken Auge.
„And why not a wooden leg ?“, die Frage, die ihr nahe lag, sprach sie nicht aus. Und sie lachte dann auch nicht bei seiner Erklärung, trotz deren Irrwitzes. Kein Seeräuberlook, keine Verletzung, sondern eine Nachahmungsgeste, eine Huldigung an sein Idol, seinen Helden, Moshe, den Sechs-Tage-Krieger, dessen Wahrzeichen die Augenklappe, darunter eine Kriegsverletzung.
Für ihn, den patriotischen Iren, ist es die Aufforderung an sein Land, waffenstark und wachsam zu sein, zeig Kampfesmut, Irland, sei kriegsbereit, wenn nötig!
Ey, du friedensbewegte Deutsche, wie gehst du damit um?
Fragt Liebe danach? Sie blitzt ins Herz.
Und wenn er nicht dauert? Es hat ihn aber gegeben!
Doch dazu brauchte es erstmal die Abende in den Pubs von Galway mit Guiness – Gesang – Guiness .
„She is from Germany“, das meint: „nimm das Mikro und gib deinen Song!“
Das Warmsingen mit „Hänschen klein“ (das, was ihr spontan auf der Zunge lag) klang noch etwas zittrig. Sie brauchte ein Lied mit Refrain, denn bei allem Eingängigen singt das ganze Lokal schnell und mit vollem Einsatz mit.
Nun fiel es ihr ein, das passende Lied. Hannes Wader hatte es kürzlich gesungen, in Bielefeld, auf der Gartenbühne der Johannislust.
Die Melodie und die erste Strophe hatte sie im Kopf und das Weitere ließ sich prima improvisieren, verstand ja sowieso niemand.
So legte sie los:
Freifrau von Droste-Vischering,
vi, va, Vischering,
zum heilgen Rock nach Trier ging,
tri, tra, Trier ging.
Sie tat sich sehr genieren,
sie kroch auf allen Vieren,
sie wollte ohne Krücken
durch dieses Leben rücken.
Ach,herje, herjeminie,
ach, herje, herjemine,
ach, herje, herjemine,
Josef und Maria.
Das zog sofort alle mit und so hängte sie, bei diesem Klangschema eine leichte Übung, immer mehr Verse an, bis der Atem ausging und die Hitze gelöscht werden musste, Guiness – nun irische Kampf- und Freiheitslieder – Guiness.
Tagsüber wurde er ihr „König von Connemara“, auf der Fahrt zu seinen Arbeitsstellen überall sehnsüchtig erwartet. Hügelauf, hügelab, durch gelb-violett gesprenkeltes Land, fuhren sie zu verstreut liegenden alten Herrensitzen. Aber kein Butler am Empfang, stattdessen erwartungsvolle Mädchengesichter hinter allen Fensterscheiben. Der Elektriker kommt! Ein Mann! Phantasien in den Mädchenköpfen, projiziert auf die männlichen Wesen, die Einlass finden in die Internatsschulen, die Mädchenpensionate, mit durchschaubarer Absicht gesetzt, in die einsame Weite dieses Landstrichs, in dem sogar der Zugang zum Badestrand nach weiblich und männlich getrennt wird.
Doch wie wunderbar kreativ lassen sich elektrische Leitungen und Geräte manipulieren – und schon muss er wieder kommen, der schöne Handwerker! Und sie, die Sehnsuchtvollen, auf der Suche nach Beflügelung ihrer heißen Träume, haben wieder eine Chance, seinen Blick zu erhaschen, beim Huschen durch die Gänge.
Jedoch in diesem Sommer, da hatte sie, die Reisende, ihn für ihre Träume, handfest, im irischen Zauber! Konnte der sich verlängern?
Es gab Frühlingswochen in Deutschland, ohne Augenklappe.
Bewährungsprobe. Abschied – ohne gebrochene Herzen.
Margarete
herzblut floss knallrot zu tiefschwarzem Stout auf der grünen Insel.
was herzblut-GESCHICHTEN so freisetzen:
Margaretes Herz (es schlägt seit 76 Jahren mal mehr, mal weniger heftig)
klopft an mit Erinnerung und schickt sie nach Irland - ins Jahr 1967!
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Ulrike (Montag, 26 November 2018 16:32)
Deine schöne Erinnerungsgeschichte hat ihren Weg nach Irland über Köln genommen, liebe Margarete. Sie hat in meinem Herzen geankert, bevor sie weiter nach Norden übers Meer geschippert ist. Danke
Thomas (Montag, 26 November 2018 17:27)
Margarete, ein Hammer.
Eine Zeitreise über ein halbes Jahrhundert und dann doch so zeitlos nah.
Beim nächsten Guinness, da bin ich sicher, sitzt Hannes Wader mit an der Theke. Und du...
Danke!