#17 Als Papa im Sterben lag

Es waren zwanzig oder sogar dreißig Jahre, ich kann mich nicht genau erinnern, dass wir nicht alle zusammen waren. Dass alle sieben Geschwister, die überall auf der Welt zerstreut sind, sich wieder treffen, war keine leichte Aufgabe. Die Emotionen und die Freude auf ein Wiedertreffen haben niemals gefehlt.

Auch diese Umarmung hat nie gefehlt, diese so starke Umarmung, von der man sich nicht mehr lösen kann. 

Wir sind nacheinander in Paysandú angekommen, die Stadt, die noch nicht mal auf der großen Weltkarte zu finden ist.

Dieses Mal würde Pablo fehlen, für immer. Das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe, war vor mehr als dreißig Jahren. Das ist so lange, dass ich nicht mehr genau davon weiß.

Als ich von seinem Tod erfuhr, schon einige Jahre her, konnte ich mich nur von ihm verabschieden, indem ich vor dem einzigen Foto, das ich von ihm besaß, geweint habe.

 

Aber alles hat bei meinem Besuch in Berlin angefangen:

Ganz entspannt tranken ich, mein Bruder und meine Schwester, die dort wohnten, einen Rotwein zusammen, als uns die Nachricht aus Uruguay erreicht hat, dass Papa im Sterben lag.

Die Ärzte sagten: „Nur einige Tage“, flüsterte meine Schwester mit einer dunklen Stimme.

Unser Gespräch wechselte sofort auf unsere Kindheit, unser Leben und Papas.

Ich hatte die Nähe des Todes noch nicht richtig geschluckt, als meine Geschwister mich überrascht haben. Sie hatten nach Flügen geschaut und fast entschieden, dass sie hinfliegen.

Mit dieser Perspektive bin ich an diesem Sonntag wach geworden. Zwei Tage später saßen wir auf einem Flug nach Uruguay. Es war eine zu lange Reise voll mit gekreuzten Emotionen, aufeinander gepresst, die nacheinander aufgedeckt worden sind.

Wir hatten noch sehr viele Stunden vor uns, ohne zu wissen ob wir ihn noch am Leben sehen konnten.

Das Zusammenfliegen in diesem Moment hat uns ganz nah geführt. Am anderen Ende der Welt, unser älterer Bruder hat sich auf dem Weg gemacht von Brasilien aus, Stunden zuvor. 

Ein Tag später, als wir gelandet sind, warteten schon andere auf uns. Vier Stunden Autofahrt noch Richtung Norden, „Sehen wir ihn noch?“ war die unausgesprochene Frage.

 

Das Wiedersehen aller sieben war mehr als traurig, wunderschön.

In jenem riesigen Krankenhaus konnten wir uns in den Arm nehmen, konnten Papa fast ohne Leben sehen, konnten weinen, lachen, warten, warten und noch mehr warten.

Konnte jeder von uns fünf Minuten lang zu ihm rein, auf die Intensivstation. 

Unsere Anwesenheit, unsere Worte oder unsere Wärme als wir seine Hand berührt haben, das werden wir nie erfahren, brachten ihn dem Leben wieder näher als dem Tod.

Wir konnten ihm drei Wochen Leben schenken, die er mit uns verbracht hat.

Elf oder mehr waren wir insgesamt die auf Betten, Sofas und ausgeliehene Matratzen die überall im Haus meiner Schwester lagen, schliefen. Wir haben Schichten gemacht, um bei ihm im Krankenhaus zu sein. Es waren lange Tage voll mit unendlichen Gesprächen. Alte Erinnerungen, beim Essen oder zusammen Kochen die uns noch näher brachten.

Ab und zu am Weinen, sehr oft am Lachen.

Wir lachten auf das Leben, wir lachten viel, mit dieser Nähe, der Liebe, die trotz der Entfernung uns verbindet.

Wir weinten wegen des Abschieds und wir lachten, weil wir wissen, dass wir uns haben. 

 

 

Paula (52), Münster

herzblut floss und spendete Familienleben, direkt am Río Uruguay

 

Hier das spanische Original (Übersetzung von Paula selbst):

 

Antes de morir papá

 

Hacía unos veinte, mejor dicho unos 30 años que no estábamos todos juntos. Juntarnos los siete hermanos que viven desparramados por el mundo no es tarea fácil. Nunca nos faltó la emoción, la alegría del reencuentro. Ni faltó aquel abrazo, tan fuerte del que cuesta despegarse.

Fuimos llegando uno tras otro a Paysandu, ciudad que ni siquiera se encuentra en el gran mapa del mundo.

Esta vez iba a faltar Pablo, el mayor de nosotros, para siempre. La última vez que lo vi fue hace unos treinta años, ni lo recuerdo. Cuando me enteré de su muerte, hace algunos años ya, solamente pude despedirme llorándole a la única foto que tenía.

Todo empezó con mi visita a Berlín. Bebiendo relajados un vino tinto con mis dos hermanos que vivían allí, nos llega la noticia de que papá estaba muriendo. Lo médicos solo le dan unos días, dijo mi hermana con voz muy baja.

La conversación pasó a ser sobre nuestra infancia, nuestra vida y la de papá.

No había terminado yo aún de asimilar la cercanía de la muerte cuando mis hermanos me sorprendieron. Ya estaban buscando vuelos para Uruguay y casi habían decidido volar. Con esa perspectiva me desperté el domingo por la mañana.

Dos días después nos encontramos los tres sentados en un avión rumbo a Uruguay. Fue un vuelo lleno de emociones encontradas.

Quedaban muchas horas para saber si lo volvíamos a ver. Volar los tres juntos en esos momentos con esos sentimientos nos unió especialmente.

A la misma vez desde Brasil, y con la misma incertidumbre que nosotros, el mayor de los hermanos se puso en camino; horas de viaje hasta llegar.

Al día siguiente, al llegar, nos esperaban ya algunos mas. Cuatro horas de auto en dirección al norte. Lo veremos aún?, la pregunta en el aire que nadie preguntó.

El reencuentro de los siete mas que triste, fue hermoso. Papá nos volvió a unir después de tantos años de desencuentros. En aquel hospital enorme pudimos abrazarnos, verlo casi sin vida, llorar, reir, esperar y seguir esperando.

Podíamos entrar a verlo cada uno cinco minutos a la unidad de cuidados intensivos.

Nuestra presencia, nuestras palabras o nuestro calor al tocar su mano, no lo sabremos nunca, lo devolvió de la muerte. Pudimos acompañarlo unos días y si se puede decir así, le regalamos tres semanas de vida, que pudo aprovechar con nosotros.

Éramos unos once, o mas, entre mamá, hijos, nietos y nueras durmiendo en sofás, camas y colchones prestados que ocupaban todos los espacios de la casa de mi hermana. Nos turnábamos para ir a cuidarlo al hospital.

 

 

Fueron días de recuerdos, de largas charlas, cocinando juntos, mas cerca que nunca, llorando a veces, riendo mucho. Reímos a la vida, reímos mucho, con ese cariño que nos une a pesar de la distancia. Lloramos por la despedida. Y reímos por saber que estamos juntos.

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Kommentare: 1
  • #1

    Peter Wattendorff (Sonntag, 02 Februar 2020 00:16)

    Wenn in jedem Ende so viel Anfang läge, wäre die Welt gesünder! Danke! Peter