Vater-Sohn-Beziehungen sind kompliziert.
Das ist keine neue Weisheit, sondern „ehernes“ Gesetz.
Und doch oder gerade deswegen gab es in meinem Leben Situationen mit meinem Vater, in denen unsere Beziehung nur zu fließen schien. Und wenn auch nur für ein paar Sekunden. Aber Sekunden, die Jahre überdauerten und überdauern.
Ich habe mit 15 Jahren angefangen zu rauchen. Das war in den Osterferien. Mein damals bester Freund öffnete die Küchenschublade und holte eine Zigarettenschachtel seiner Mutter heraus. Er nahm eine, ich nahm eine. Wir setzten uns ans geöffnete Fenster und rauchten.
Zeitgleich machte mein Vater eine Kur. Knapp 600 km entfernt.
In dieser Kur hörte er mit dem Rauchen auf. Für immer.
Zehn Jahre später sitze ich im Wohnzimmer meiner Eltern und quatsche mit ihnen über dies und das. Zu dem Zeitpunkt rauchte ich seit fünf Jahren nicht mehr. In den fünf Jahren meiner Qualmerei hielt ich mein Rauchen meiner Familie gegenüber stets geheim. Ich log, dass sich die Balken bogen, nur um mein gut behütetes Geheimnis zu bewahren. Es ging soweit, dass sogar meine Freunde für mich dicht hielten.
Und dann, fünf Jahre später kam dieses Gespräch im heimischen Wohnzimmer, währenddessen wir immer tiefer gingen. Obwohl wir zu dritt da saßen, lenkte es sich mehr und mehr zu einem Vater-Sohn-Gespräch.
Irgendwann stand meine Mutter auf, ohne etwas zu sagen, ging in die Küche, schloss die Tür und pruddelte vor sich hin. Und mein Vater und ich redeten. Und während ich diesen Satz schreibe, kommen mir die Tränen.
Und warum oder wozu auch immer, redeten wir über sein Rauchen und ich erzählte ihm meine Geschichte, wie und wann ich anfing, dass ich es immer geheim hielt und es schaffte, wieder aufzuhören.
Und sein einziger, leicht belustigter Kommentar dazu war: „Ach, das gibt es doch nicht. Das wusste ich wirklich nicht.“
Ich weiß bis heute nicht, ob ich eine andere Reaktion erwartet hatte oder besser gefunden hätte, aber in dem Moment fiel eine ungeheure Last von mir.
Ich habe irgendwann mal den Satz gelesen: "Manchmal führen Kinder etwas von ihren Eltern weiter."
Und manchmal fangen Kinder das Rauchen an, um gegen ihre Eltern zu rebellieren.
Tja und manchmal auch, um ihnen nah zu sein.
Guido (44), Warendorf
herzblut floss vor knapp 20 Jahren auf Heimatboden.
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Thomas (Montag, 07 Januar 2019 13:32)
Ach, Guido...
Eine herzblut-Geschichte von dir, die dann auch von Vätern und Söhnen handelt, geht mir nochmal ganz anders ins Herz.
Danke!
Sandra (Montag, 01 April 2019 22:13)
.... ich bin gerade auch sehr bewegt von der Vater-Sohn-Geschichte